Im Zuge der täglichen Suche nach Fach- und Führungskräften fällt in der Headhunter-Branche immer stärker auf, dass es zwar Kandidaten gibt, diese dann aber freudestrahlend verkündigen, dass sie sehr gerne den Job annehmen, aber eben als Freelancer. Um ein Beispiel zu nennen: Im Portfolio der HeadQuest GmbH in Hamburg gibt es aktuell circa 60 qualifizierte Java-Entwickler, die auch dringend am Markt benötigt werden, die aber ihre „Freiheit“ nicht aufgeben möchten. Unternehmen, die bisher ungern auf Freelancer zurückgegriffen haben, müssen sich zunehmend mit diesem Job-Modell anfreunden, um ihre Projekte realisieren zu können. „Selbstverständlich gilt dieser Trend nicht für alle Branchen und Jobs, aber wir sehen eine deutliche Zunahme von Menschen, die lieber Projekt-bezogen arbeiten, als sich langfristig an ein Unternehmen zu binden“, erklärt Susanne Ruppel, Geschäftsführerin der HeadQuest GmbH in Hamburg.
Die junge Generation will sich nicht mehr zu lange auf eine Sache verpflichten. Dies spiegelt sich zum Beispiel auch bei gemeinnütziger Tätigkeit wieder: Die jungen Leute scheuen sich davor, dauerhaft einen Verein zu unterstützen, lieber gehen sie zeitlich befristete Engagements ein, die sie dann aber mit großer Leidenschaft betreuen. So haben zum Beispiel die Autoren der Erhebung „Jugend. Engagement. Politische Sozialisation.“ Der Universität Würzburg 2010 herausgefunden, dass ein Drittel der Tätigkeiten nicht im Rahmen von Organisationen stattfinden, sondern stärker projekt- und anlassbezogen sind.
Dem Freiheitsdrang im Job trägt auch Xing mit dem Freelancer-Marketplace Rechnung, der zurzeit in einer Betaversion zur Verfügung steht. Hier schreiben Auftraggeber ihre Projekte aus und erhalten Bewerbungen von qualifizierten Freelancern.
Und die Unternehmen müssen nachziehen. „Wer heute einen High Potential im IT-Umfeld einstellen will, muss mehr bieten als eine interessante Tätigkeit in einem schicken Büro. Flexible Arbeitszeitmodelle fallen bei Kandidaten zunehmend ist Gewicht.“ so Ruppel. „Einen Teil des Jobs im Home Office ausüben zu können, gehört zwar nach wie vor noch nicht zum Standardangebot, aber solche Modelle locken Talente ins Unternehmen“, erklärt Ruppel weiter.
Inzwischen gibt es für alle Arbeitsweisen neue Konzepte mit klingenden englischen Namen. Die Immobilieneigentümer werden zusehends kreativer, um der veränderten Arbeitswelt Rechnung zu tragen. Für alle, die am liebsten im Home Office arbeiten, kann auf ein Virtual Office zurückgegriffen werden. Will sagen, man bekommt eine Postadresse, Firmenschild und Telefonservice, mietet aber keine Fläche an. Diejenigen, die nur ab und an einen Büroarbeitsplatz brauchen, finden sich dann im Coworking Office wieder, an denen professionellen Arbeitsplätze stunden-, tage- oder wochenweise angemietet werden können Und dann gibt es noch die klassischen Business Center inkl. Firmensitz etc. – erweitert um Office Sharing, wo die Kosten noch mal reduziert werden können, in dem die Bürofläche mit anderen geteilt wird.
Sami Steinbach, Vorstandsvorsitzender der Angermann Real Estate Advisory AG wurde im Rahmen der HeadQuest-Pressemitteilung gefragt, welche Auswirkungen dieser Trend seiner Meinung nach auf zukünftige Büros und die Nachfrage nach Büroflächen haben wird:
HeadQuest: Herr Steinbach, Angermann seit annähernd 60 Jahren im Bereich der Immobilienvermietung. Haben solche Trends auf dem Arbeitsmarkt überhaupt eine nachhaltige Auswirkung auf den Büromarkt?
Steinbach: Veränderungen in der Arbeitswelt haben oftmals auch einen direkten oder indirekten Einfluss auf den Büromarkt. Hinsichtlich der geschilderten Zunahme von Freelancern ist uns bisher jedoch noch keine deutlich spürbare Konsequenz bezüglich des Anmietungsverhaltens oder der Flächengestaltung aufgefallen. Gleichwohl legen immer mehr Unternehmen Wert auf die Überprüfung ihres tatsächlichen Büroflächenbedarfs. Fällt dabei auf, dass eine hohe Anzahl der Arbeitsplätze nicht ausreichend frequentiert ist, zum Beispiel dadurch, dass Arbeitsgebiete und Tätigkeiten wie Außendienst, Projektarbeit oder Beratung nicht an einen festen Arbeitsplatz gebunden sind, besteht Handlungsbedarf. Sollte sich also der Freelancer-Trend in Zukunft weiter verstärken wird eine Reaktion auf dem Büromarkt nicht ausbleiben. Das Einführen von Desk-Sharing und Flexible-Office-Strukturen könnte eine solche sein.
HeadQuest: Glauben Sie, dass durch solche Entwicklungen der Büroflächenbedarf zurückgehen wird?
Steinbach: Das ist schwer zu sagen, ich glaube aber eher nicht daran. So sind diese Entwicklungen zumeist nur auf spezielle Branchen wie eben die IT beschränkt. Zwar ist in den Unternehmen eine Vergrößerung der IT-Abteilungen zu beobachten, dennoch bleibt die Zahl der Arbeitnehmer, die als Freelancer tätig sein können vergleichsweise klein. Die Frage ist auch, ob selbst diese nicht gelegentlich einen Büroarbeitsplatz benötigen. Wir haben zudem festgestellt, dass es mittlerweile auch eine Bewegung weg vom Home Office hin zum Büro gibt. Viele Arbeitnehmer vermissen zu Hause den Austausch mit den Kollegen und können vorhandene Synergiemöglichkeiten nicht adäquat nutzen. Andere Unternehmen entdecken die Möglichkeiten des Home Offices hingegen gerade erst für sich. Es bleibt also spannend, wo die Reise hingeht.
HeadQuest: Welche Möglichkeiten haben Arbeitgeber hinsichtlich der Gestaltung des Arbeitsplatzes, um begehrte Fach- und Führungskräfte doch ans Unternehmen zu binden?
Steinbach: Aufgrund der zunehmenden Schwierigkeit Fachkräfte zu finden, hat die qualitative Beschaffenheit des Arbeitsplatzes zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ein hohe Aufenthaltsqualität sowie eine schnelle Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und das Straßennetz sind Kriterien, die den entscheidenden Ausschlag geben können. Gleiches gilt für die Qualität der Büroflächen. Räumlichkeiten, die Aspekte wie Akustik und raumklimatische Bedingungen gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigen, sind heutzutage nicht mehr zeitgemäß.
HeadQuest: Was können Immobilieneigentümer tun, um der neuen Arbeitswelt Rechnung zu tragen?
Steinbach: Generell ist es für Immobilieneigentümer wichtig, ihre Flächen hinsichtlich Profil und Qualität nach den bestehenden Anforderungen auszurichten. Viele Vermieter tun dies auch und einige reagieren schon jetzt sehr flexibel und schnell mit kreativen oder individuellen Angeboten auf sich entwickelnde Trends.
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